Junge Menschen fit für den Beruf zu machen, und das nicht allein in fachlicher Hinsicht, dazu möchte die Berufsbildende Schule Burgdorf einen großen Beitrag leisten. Das Team der Berufsfachschule Wirtschaft macht aus diesem Grund regelmäßig Angebote zum sozialen Lernen.

Aktuell wagte es sich unter der Federführung von Beratungslehrer Ralf Hasenfuß und Sozialpädagogin Ulrike Bode an das Projekt „City Bound“: „City Bound ist ein erlebnispädagogisches Projekt. Es findet nicht in der Natur statt, sondern – wie der Name schon sagt – in der Stadt. Also im alltäglichen Lebensumfeld der Jugendlichen“,  erklärt Ralf Hasenfuß, „die Schülerinnen und Schüler bekommen Aufgaben, die sie nur durch gute Planung, geschickte Kommunikation und Zusammenhalt in der Kleingruppe erfolgreich lösen können.“ So versetzen sie sich zum Beispiel in die Situation von Randgruppen, die sich jeden Tag in unserer Nähe aufhalten, deren Problematik uns allerdings im Normalfall so fremd ist, dass wir sie nicht wirklich verstehen. Möglich ist es zum Beispiel, im Rollstuhl oder mit Kopftuch – als Muslima - durch die Stadt zu fahren bzw. zu laufen und zu erleben, mit welchen Schwierigkeiten Betroffene zu kämpfen haben und welche Reaktionen Passanten zeigen. Oder Schülerinnen und Schüler machen ein Foto, auf dem 50 Personen in die Kamera winken. Es erfordert gute Kommunikation und Strategien, um eine solch große Gruppe zusammenzubekommen. „Schließlich wissen wir ja selber, in welch großer Eile auch wir oft durch die Stadt laufen“, erklärt Ulrike Bode.

Die Aktion bestand konkret aus drei Teilen: Zunächst gab es die Vorbereitung mit Bildung der Kleingruppen, Auftragsauswahl und –vorbereitung. Im zweiten Schritt waren die Teams in Hannover und Burgdorf, wo die Aufträge ausgeführt und fotografisch dokumentiert worden sind. Dann werteten die Gruppen schließlich in der Schule ihre Erlebnisse und die erzielten Ergebnisse sorgfältig aus. „Am Ende kam dann eine kleine, aber feine Ausstellung zusammen, die auch die nicht beteiligten Klassen derzeit in der Handelslehranstalt besuchen können“, ergänzt Ulrike Bode.

Anfangs kostete die Teilnahme viele Schülerinnen und Schüler Überwindung. Ist es nicht komisch, einfach wildfremde Menschen so gezielt anzusprechen? Ist es für wirklich Betroffene eventuell beleidigend, wenn man eine Behinderung simuliert? Spätestens beim Austausch während der Reflektion wurde jedoch klar, dass die Erlebnisse sehr eindrücklich und oftmals verständnisfördernd waren. Der Sprung über den eigenen Schatten hat sich gelohnt.

Einige Gruppenergebnisse sind besonders beeindruckend.  So geschehen etwa bei der Dokumentation der Aufgabe „Blind durch die Stadt“: „Ich hatte in einigen Momenten richtig Angst, als ich ohne zu sehen durch die Stadt ging. Als ich plötzlich ganz nah eine Straßenbahn hörte, meine Mitschüler aber schon einige Zeit lang nicht mehr mit mir geredet hatten, wurde ich zum Beispiel unsicher und wusste nicht, ob der Zug möglicherweise direkt auf mich zukommt und die anderen deshalb zur Seite gegangen waren - ohne mich mitzunehmen.“  erzählt ein daran beteiligter Schüler.

Den Tag in der Stadt ließen die Klassen bei Bratwürstchen und Salaten gemeinsam ausklingen. Das leckere Essen zauberten Stefan Weiß und Hans Steuer aus dem Fachbereich Nahrung zusammen mit ihren Klassen. Bei der Planung der Aktion hatte außerdem Dirk Engelke aus dem Fachbereich Bau sein erlebnispädagogisches Knowhow eingebracht. Somit hatten die Organisatoren im besten Sinne fachbereichs- und standortübergreifend gearbeitet und - genau wie die Schülerinnen und Schüler - „über den Tellerrand“ geschaut.

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Mehr als 50 Teilnehmende beim Sozialtraining im täglichen Umfeld: die Klassen nach der Aktion in der Stadt

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Den Mut, fremde Menschen anzusprechen, muss man erst einmal aufbringen: Ergebnisplakat zur Aufgabe „Doppelgänger finden“