Forum „ÜberMorgen“ von HAZ und Sparkasse: Was müssen Kita, Schule und Berufsausbildung leisten, um junge Menschen fit für die Zukunft zu machen?
Von Anette Wulf-Dettmer - HAZ - Anzeiger Burgdorf vom 22.09.2018

Burgdorf. Was brauchen wir für eine Bildung, um den Anforderungen der Welt von übermorgen gewachsen zu sein? Wie kann Lernen in einer zunehmend digital gesteuerten Welt gelingen? Sollten Kinder schon von Klein auf nur noch mit dem Computer lernen? Um diese Fragen ging es am Donnerstag im Forum „ÜberMorgen“, zu dem die Hannoversche Allgemeine Zeitung und die Sparkasse Hannover eingeladen hatten. Rund 200 Gäste verfolgten die angereg-
te Diskussion in der Fahrzeughalle
der Berufsbildenden Schulen (BBS) Burgdorf. Ein Fazit des Abends:
Für eine zukunftsorientierte Bildung muss an vielen Stellschrauben gedreht werden.

Auf dem Podium hatten Platz genommen: Birgit Meinig – den Burgdorfern als Ratsfrau und Ortsbürgermeisterin von Ramlingen-Ehlershausen bekannt – ist Expertin für frühkindliche Bildung. Reiner Behrend kennt sich als Leiter der BBS Burgdorf bestens mit der dualen Ausbildung aus. Yvonne Salewski, Geschäftsführerin des in Uetze gegründeten Vereins Ausbildung im Verbund pro regio weiß um die Schwierigkeiten der jungen Leute bei der Suche nach dem richtigen Ausbildungsplatz und der Betriebe bei der Suche nach Auszubildenden. Monika Hartmann-Bischoff von der Offenen Hochschule Niedersachsen hat Erfahrung mit den Anforderungen eines berufsbegleitenden Studiums.

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                                                                         Foto: Anette Wulf-Dettmer
Das Podium mit Moderator Jan Sedelies (von links), Monika Hartmann-Bischoff, Reiner Behrend, Yvonne Salewski und Birgit Meinig .

Kleine Entdecker und Forscher
Bildung fängt beim Kleinkind an. „In Kindertagesstätten wurde schon immer gebildet und nicht nur betreut“, stellte Meinig gleich zu Anfang klar. „Denn Kinder lernen ganzheitlich, deshalb brauchen sie eine anregende Umgebung, in der sie auf Entdeckungsreise gehen können.“ Den Erziehern komme dabei die Rolle des Begleiters und Beobachters zu. Der Antrieb der Kinder sei ihre Neugier. „Doch sie lernen nicht, wenn sie ein Bild von Wasser und Sand sehen, sondern wenn sie beides anfassen können“, warnte Meinig.

Vom Lernen durch Erleben sprach auch Stefanie Galler. Die Rektorin der Grundschule Engelbostel stellte ihr Schulprojekt Hühnermobil vor. Die Schüler füttern die Hühner, sammeln die Eier, misten den Stall aus. „So lernen sie Verantwortung zu übernehmen, Empathie und Geduld, und die Flüchtlingskinder bekommen einen spielerischen Zugang zur deutschen Sprache“, berichtete Galler. „Lernen funktioniert eben nicht allein digital.“ Das gelte vor allem für die Sprache, die Basis jeglicher Bildung. Dieser Bedeutung ist man sich laut Meinig auch in den Kitas längst bewusst. Deshalb setze man auf eine alltagsintegrierte Sprachbildung. „Es geht um die einfache Frage: Bieten wir den Kindern genug Möglichkeiten zu sprechen?“

Eine wichtige Erkenntnis sei inzwischen, dass beim Thema Bildung auch die Eltern mitgenommen werden müssen. „Das Umfeld ist wichtig für eine gute Entwicklung“, sagte Meinig. Diese Erfahrung konnte Yvonne Salewski bestätigen. Beim Übergang von der Schule in die Ausbildung spielten die Erfahrungen und das Wissen der Eltern nach wie vor eine große Rolle. „Eine der Aufgaben ist jetzt und wird es auch in Zukunft sein, den Schülern und den Eltern die Vielfalt der Berufe vorzustellen“, sagte Salewski. „Die Kinder stehen vor einem riesigen, komplexen Büfett an Wahlmöglichkeiten“, ergänzte BBS-Leiter Behrend. „Sie kommen aus der Schule und wissen nicht, was sie machen wollen. Da brauchen sie mehr Unterstützung.“

Genau an diesem Punkt hilft der Verein pro regio laut Salewski schon heute den Schülern und bringt sie auf vielfältige Weise mit den Betrieben zusammen. „Bei der Wahl des Ausbildungsbetriebs geht es überraschenderweise nicht so sehr um die Vergütung und die Arbeitszeiten, sondern um das Arbeitsklima, und ob die Betriebe den jungen Leute die Chance geben, Verantwortung zu übernehmen“, sagte sie.

Lernbegleiter statt Dozent
In der BBS hat das Lernen der Zukunft schon begonnen. „Das Selbstlernen der Schüler muss im Vordergrund stehen“, sagte Behrend, „Wir wollen nicht mehr den dozierenden Lehrer, sondern den Lernbegleiter, der Anstöße gibt und die Schüler motiviert. Und das gelingt am besten, indem wir die Neugier der jungen Leute wecken.“ Für Behrend ist der Einsatz digitaler Technik dabei nur Mittel zum Zweck. „Zum Beispiel setzen wir sie für Simulationen ein.“

Die Motivation spielt laut Monika Hartmann-Bischoff auch beim berufsbegleitenden Studium, das ihrer Ansicht nach in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird, die zentrale Rolle. „Ihr Interesse am Thema, ihre Neugier und die Lust am Lernen trägt die Studierenden durch eine Zeit, die ihnen viel abverlangt.“ Genauso wichtig wie die Motivation der Lernenden sind für Meinig: „Gut ausgebildete Fachkräfte, die für die Sache brennen und Spaß daran haben mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten.“

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                                              Fotos: Daniela Rosendahl / BBS Burgdorf